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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Zertifizierter Berater für Internationales Steuerrecht (DAA)

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79102 Freiburg
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Rechtsgebiete:

– Erbrecht
– Steuerrecht
– Steuerstrafrecht

Urteil zur Pflichtteilsberechnung bei Streit um Pflicht zur Ausgleichung

Ausführliches Urteil welches die Pflichten der Prozessparteien darlegt um im Prozess zu belegen, dass eine vorweggenommene Erbübertragung unter dem Vorbehalt der Ausgleichung erfolgen sollte oder ohne dass eine solche bei der Pflichtteilsberechnung erfolgt.

BGH, Urteil vom 27. 1. 2010 – IV ZR 91/09

BGB §§ 2050, 2057a, 2315 Abs. 1, 2316 Abs. 1 u. 4

Sachverhalt:

Der Kl. macht gegen seine Schwester (Bekl. zu 1) und deren Kinder (Bekl. zu 2 u. 3) Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach der 2005 verstorbenen Mutter bzw. Großmutter der Parteien (Erblasserin – E) geltend.

Mit Übergabevertrag von 1981 übertrug E mit Wirkung zum 1. 1. 1982 den 1965 von ihrem Ehemann (Vater bzw. Großvater der Parteien) geerbten und seitdem von ihr betriebenen Großhandel auf den Kl. Die Übertragung erfolgte gemäß Nr. 7 des Übergabevertrags „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich”. Der Kl. führte den Betrieb bis 1996 fort. Durch notarielles Testament von 1985 setzte E die Bekl. zu ihren Erben ein.

Der Kl. berechnet seinen Pflichtteil zuletzt auf 190 742,98 € nach einem aufgrund erstinstanzlicher Beweisaufnahme von ihm angenommenen Nachlasswert von 762 871,93 €; hinzu komme eine Pflichtteilsergänzung i. H. von 5 965 € aufgrund einer Schenkung der E an die Bekl. zu 3 über 23 859,44 €.

Die Bekl. sind der Auffassung, dem Kl. stünden wegen der Übertragung des Großhandelsbetriebs und wegen umfangreicher nach § 2057a BGB auszugleichender Sonderleistungen keine erbrechtlichen Ansprüche mehr zu. Nach Ansicht des Kl. hat dagegen der Betrieb bei Übertragung keinen Wert gehabt.

Beide Vorinstanzen haben unter Berücksichtigung der Betriebsübertragung die Klage abgewiesen (OLG Frankfurt/M. v. 25. 3. 2009, 19 U 126/08).

Gründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

I. Das BerGer. hält den Kl. wegen der ihm im Wege „vorweggenommener Erbfolge” übergebenen Firma nach den §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB für ausgleichspflichtig. Mit Rücksicht darauf könnten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht festgestellt werden, selbst wenn zu seinen Gunsten von einem Nachlasswert von 762 871,93 € ausgegangen und keine Ausgleichung besonderer Leistungen der Bekl. zu 1 nach § 2057a BGB vorgenommen werde.

Der Kl. habe den Vortrag der Bekl., er habe bezogen auf den Todestag der E mit dem ihm übertragenen Betrieb einen Vorempfang i. H. von 400 000 € bis 450 000 € erhalten, nicht substanziiert bestritten. Zwar treffe die Bekl. die Beweislast für das Bestehen von Ausgleichspflichten. Der Kl. trage aber eine sekundäre Darlegungslast für den Wert der Zuwendung im Umfang seiner Auskunftspflicht gemäß § 2057 BGB. Der habe er nicht genügt, weil er die Unterlagen, die zur Feststellung des Unternehmenswerts mit betriebswirtschaftlicher Methode notwendig seien – vor allem die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten fünf Jahre vor dem Betriebsübergang – nicht vorgelegt habe.

Sein Vortrag, er sei niemals im Besitz dieser Unterlagen gewesen, sei unglaubhaft. Selbst wenn ihm aber heute in Ermangelung weiterer noch vorhandener Unterlagen eine Substanziierung des Unternehmenswerts nicht möglich sein sollte, müsse ihm wegen schuldhafter Beweisvereitelung die Beweislast für einen die Klageforderung zumindest teilweise rechtfertigenden Wert der Zuwendung auferlegt werden. Eine Schätzung des Unternehmenswerts gemäß § 287 ZPO sowie weitere Sachaufklärung durch Vernehmung des Steuerberaters oder Einholung eines Sachverständigengutachtens scheide in Ermangelung belastbarer Anknüpfungstatsachen aus.

Unzulängliche Auslegung des Übergabevertrags durch das BerGer.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Bereits der Ansatz des BerGer., der Kl. könne bei unentgeltlichen Zuwendungen im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge” – nur – gemäß § 2316 Abs. 1 i. V. m. § 2050 Abs. 3 BGB ausgleichspflichtig sein, ist nicht frei von Rechtsirrtum. Das BerGer. schließt damit die weiteren vom Gesetz in §§ 2315 Abs. 1 und 2316 Abs. 4 BGB vorgesehenen Möglichkeiten, wie Vorempfänge bei der Ermittlung von Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen sein können, von vornherein aus, ohne dass dafür eine Grundlage benannt wird oder sonst ersichtlich ist (1). Aber auch die nur unvollkommen angegebene und daher nicht sicher nachvollziehbare Berechnung der Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ist rechtsfehlerhaft (2). Eine eigene Sachentscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO ist dem Senat mangels Entscheidungsreife nicht möglich (3).

Mögliche Auswirkungen von Vorempfängen auf die Pflichtteilsberechnung

1. Ob und wie Vorempfänge sich auf eine Pflichtteilsberechnung auswirken, hängt zunächst davon ab, welche Anordnungen der Erblasser bei der Zuwendung getroffen hat.

a) In Betracht kommen dafür erstens die Anordnung, die Zuwendung zur Ausgleichung zu bringen gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB, zweitens die Bestimmung, die Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen gemäß § 2315 Abs. 1 BGB, sowie drittens gemäß § 2316 Abs. 4 BGB die Zuwendung nach beiden vorgenannten Bestimmungen auszugleichen und zugleich anzurechnen. Dabei folgt die Ermittlung des Ausgleichs-, Anrechnungs- oder Ausgleichs-/Anrechnungspflichtteils nach den jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen ganz unterschiedlichen Berechnungsweisen, die je nach den Umständen des Falles insbesondere den Vermögensverhältnissen, Vorempfängen und Pflichtteilsberechtigten auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können (vgl. statt aller Lange, in: MüKo-BGB, 4. Aufl. § 2315 Rn. 11 ff., § 2316 Rn. 9 ff., 20 ff.). Das erklärt sich aus den verschiedenen Berechnungssystemen, nach denen – zusammengefasst – bei einer Ausgleichung der Wert der Zuwendung von dem Erbteil abgezogen und erst von diesem so ermittelten Betrag der Pflichtteil berechnet wird, während bei einer Anrechnung der Pflichtteil zunächst selbst berechnet und dann von diesem Pflichtteil der Wert der Zuwendung abgezogen wird (vgl. Sostmann, MittRhNotK 1976, 479, 493). Bei einer gleichzeitigen Ausgleichungs- und Anrechnungsanordnung ist schließlich zunächst der Pflichtteil im Wege der Ausgleichung zu bestimmen und dieser Wert danach um die Hälfte des Zuwendungswerts zu kürzen (vgl. Thubauville, MittRhNotK 1992, 289, 300). Nach den jeweiligen Vermögensverhältnissen und Pflichtteilsberechtigungen kann eine „Anrechnung auf den Erb- und Pflichtteil” gemäß § 2316 Abs. 4 BGB sogar dazu führen, dass der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers größer ist, als wenn nur die Anrechnung angeordnet wäre; bei lediglich pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen und nur einer berücksichtigungsfähigen Zuwendung ist der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers bei Anwendung des § 2315 Abs. 1 BGB oder des § 2316 Abs. 4 BGB allerdings gleich (vgl. Soestmann, MittRhNotK 1976, 479, 494 f., 515).

Mögliche Auslegungen der Klausel „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich”

b) Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, wenn die Zuwendung – wie hier von E und dem Kl. im Übergabevertrag ausdrücklich festgelegt – im Wege „vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich” vorgenommen worden ist, kann nur durch Auslegung ermittelt werden (vgl. RG, JW 1925, 2124 Nr. 13; SeuffArch 76 Nr. 57; Recht 1904, 284 Nr. 1312; OLG Düsseldorf v. 26. 11. 1993, 7 U 287/92, ZEV 1994, 173 m. Anm. Baumann; OLG Schleswig, ErbR 2008, 329 m. Anm. Pastewski; Haas, in: Staudinger, BGB, 2006 § 2315 Rn. 19, 23; Lange, § 2316 Rn. 12; Dieckmann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 2315 Rn. 6; Schlüter, in: Erman, BGB, 12. Aufl., § 2315 Rn. 4, jew. m. w. N.). Der Senatsrechtsprechung ist nicht etwa zu entnehmen, dass damit stets nur eine Ausgleichungsanordnung gemäß § 2316 Abs. 1 BGB gemeint sein kann. Vielmehr hat der Senat lediglich anerkannt, dass es – abhängig von den jeweiligen Umständen – möglich ist, eine solche Wendung als Ausgleichsanordnung zu verstehen (BGHZ 82, 274, 278; BGH v. 12. 10. 1988, IVa ZR 166/87, NJW-RR 1989, 259 unter I.2).

Mit „vorweggenommener Erbfolge” wird zunächst nur die Übertragung von Vermögen (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger beschrieben. Sie richtet sich im Grundsatz nicht nach Erbrecht, sondern den Rechtsgeschäften unter Lebenden mit ihren vielfachen Gestaltungsmöglichkeiten. Es obliegt weithin dem Tatrichter durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien des Rechtsgeschäfts vereinbart haben (BGH v. 30. 1. 1991, IV ZR 299/89, BGHZ 113, 310, 313, NJW 1991, 1345; v. 1. 2. 1995, IV ZR 36/94, ZEV 1995, 265, NJW 1995, 1349 unter 2.a). Dieser tatrichterlichen Aufgabe hat das BerGer. nicht genügt, indem es ohne weiteres meint, allein wegen der Verwendung des Begriffs „vorweggenommene Erbfolge” im Vertragstext von einer Ausgleichung ausgehen zu müssen. Sofern es sich darin durch einen unzureichenden Parteivortrag bestärkt gesehen haben sollte, hätte es eines rechtlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurft, da dies offensichtlich von den Parteien so nicht erkannt worden ist, zumal ihre Wortwahl in den Schriftsätzen zur Frage, wie die Zuwendung sich auf den Pflichtteil auswirkt, zwischen „Anrechnung” und „Ausgleichung” wechselt, ohne erkennbar auf die spezifischen nach dem Gesetzestext damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen abzielen zu wollen.

Sowohl Ausgleichung als auch Anrechnung möglich

c) Begriff und Motivation legen es bei einer „vorweggenommenen Erbfolge” zunächst eher nahe, dass damit die Eigentumsübertragung als mit Rücksicht auf das künftige Erbrecht umschrieben werden soll (Senat v. 1. 2. 1995, a. a. O.), was wiederum für eine Ausgleichsanordnung spricht, weil so die Berücksichtigung der Zuwendung auf den Erbteil, nicht aber auf den Pflichtteil bezogen wird (vgl. OLG Schleswig, ErbR 2008, 329 m. Anm. Pastewski). In einer solchen Anordnung mit Bezug auf den Erbteil ist die Bestimmung der Anrechnung auf den Pflichtteil daher nicht ohne weiteres enthalten, was durch die Entstehungsgeschichte des § 2315 BGB verstärkt wird: Die ursprünglich in § 2288 Abs. 2 Satz 1 der Reichstagsvorlage vorgesehene Auslegungsregel, im Zweifel sei von einer Anrechnung auszugehen, wurde von der Reichstagskommission als zu weitgehend gestrichen (RG SeuffArch, a. a. O.; Pastewski, a. a. O., m. w. N.).

Eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung, die auch konkludent erfolgen kann (vgl. nur RGZ 67, 306; OLG Düsseldorf, v. 26. 11. 1993, 7 U 287/92, a. a. O.; Lange, § 2315 Rn. 6), ist damit jedoch keineswegs ausgeschlossen. Nach den jeweiligen Umständen können solche Erklärungen des Erblassers durchaus so zu verstehen sein, dass der Vorempfang ganz allgemein von allem abgezogen werden soll, was der Empfänger aus dem Nachlass zu erhalten habe und zwar in dem Sinne, dass er auf das beschränkt sein soll, was er durch die Zuwendung unter Lebenden von dem Erblasser bereits erhalten hat; die „Bestimmung der Anrechnung auf den Erbteil … (schließt) … die Auslegung nicht aus, dass damit auch die Anrechnung auf den Pflichtteil bestimmt” ist (so ausdr. RG, JW 1925, 2124).

Kriterien für die Auslegung des Erblasserwillens

d) Entscheidend ist nach alledem der im Auslegungsweg zu ermittelnde Erblasserwille, ob mit der Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung gewünscht war und im Übergabevertrag festgelegt werden sollte, oder ob die Klausel lediglich klarstellen sollte, dass der Empfänger das, was er an sich erst mit dem Tode des Erblassers erhalten sollte, nun schon zu Lebzeiten bekommt, im Übrigen es aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (vgl. zum Ganzen Sostmann, MittRhNotK 1976, 479, 482 ff., 489 ff.; Thubauville, MittRhNotK 1992, 289, 297). Der erkennbare Erblasserwille muss für die Annahme einer Anrechnungsbestimmung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB mithin auf eine Kürzung der dem Empfänger am Restnachlass zustehenden Pflichtteilsrechte gerichtet sein, wobei aber die Enterbungsabsicht bei Formulierung der Anrechnungsbestimmung noch nicht bestanden haben muss; es reicht, dass der Erblasser die Möglichkeit in Betracht gezogen hat (Haas, § 2315 Rn. 21).

Diese Ermittlung des Erblasserwillens erfordert eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere auch die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Zuwendung und Testamentserrichtung, der Vermögensgegenstand und seine wirtschaftliche Nutzbarkeit durch den Empfänger vor dem Erbfall sowie die Größenordnung der vorgezogenen Vermögenszuwendung zu berücksichtigen sind. Ebenso können Vorstellungen des Erblassers über eine gleichmäßige Behandlung von Abkömmlingen eine Rolle spielen, wobei zu beachten ist, dass ein solcher Erblasserwille bei der Berechnung des Ausgleichspflichtteils i. S. von § 2316 Abs. 1 BGB an Grenzen stößt, weil enterbte Vorempfänger rechnerisch mit der Hälfte des Vorempfangs begünstigt bleiben, was einer etwa beabsichtigten völligen Gleichstellung entgegensteht (vgl. Lange, § 2316 Rn. 12; Dieckmann, § 2316 Rn. 12). Die Beweislast für eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung i. S. von § 2315 Abs. 1 BGB bleibt indes letztlich beim Erben (Lange, § 2315 Rn. 6; Dieckmann, § 2315 Rn. 6).

Auswirkungen der unterschiedlichen Berechnungsweisen im konkreten Fall

2. Nach den vom BerGer. wohl in seine Berechnung eingestellten Werten (Nachlass: 762 871,93 €; auf den Erbfallzeitpunkt indexierte Zuwendung, vgl. BGH v. 30. 10. 1985, IVa ZR 26/83, BGHZ 96, 174, 181, NJW 1986, 931: 400 000 €) trifft seine Annahme nicht zu, dass mit Rücksicht auf die zugrunde gelegte Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ein Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht festgestellt werden könne.

Dieses Ergebnis ist bei den genannten Zahlen allerdings im Falle einer Anrechnungsbestimmung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB zu erreichen, was möglicherweise dem BerGer. beim Verständnis der Regelung in Nr. 7 des Übergabevertrags vorgeschwebt hat. Denn der Anrechnungspflichtteil aus Pflichtteil abzügl. Zuwendung ergibt rechnerisch einen negativen Wert (762 871,93 € + 400 000 € = 1 162 871,93 € : 4 = 290 717,98 € abzügl. 400 000 € = -109 282,02 €).

Bei einer Ausgleichung verbleibt hingegen ein positiver Ausgleichungspflichtteil (762 871,93 € + 400 000 € = 1 162 871,93 € : 2 Abkömmlinge = 581 435,97 € – 400 000 € = 181 435,97 € x 1/2 = 90 717,99 €).

Bei einer Kombination von Ausgleichung und Anrechnung scheiden hier wiederum Pflichtteilsansprüche aus, da die Differenz aus Ausgleichungspflichtteil und halbem Vorempfang – wie bei einer Anrechnung allein – negativ ist (90 717,98 € – 200 000 € = -109 282,02 €).

Je nachdem, wie die von E und dem Kl. im Übergabevertrag vereinbarte unentgeltliche Betriebsübergabe 1982 „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge” gemeint gewesen ist – nur Erbteils- oder auch Pflichtteilsbezug –, entscheidet sich, ob für den Kl. überhaupt noch ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch in Betracht kommen kann.

Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im konkreten Fall

3. Darüber wird der Tatrichter zunächst erneut zu befinden haben.

Der Senat weist für die – je nach dem Ergebnis – ggf. erforderliche weitere Bearbeitung vorsorglich auf Folgendes hin:

Neben der Feststellung des Nachlasswerts bedarf es auch der des Werts der Zuwendung. Die Bekl. haben im Rahmen der ihnen auch bzgl. berücksichtigungsfähiger Zuwendungen obliegenden Darlegungs- und Beweislast zum Unternehmenswert ausreichend substanziiert vorgetragen. Mehr ist ihnen insbesondere angesichts des Umstands nicht möglich, dass dem Kl. laut Nr. 8.3 Übergabevertrag sämtliche für die (Fort-)Führung des Betriebs notwendigen und zweckmäßigen Unterlagen übergeben worden sind. Hinzu kommt, dass er gemäß Nr. 5.4 Abs. 2 und Nr. 6 Übergabevertrag Steuernachforderungen aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung für den Zeitraum bis 31. 12. 1981 und sämtliche im Unternehmen begründete Verbindlichkeiten nach der Bilanz zum 31. 12. 1981 übernommen hat, was ohne den Erhalt der entsprechenden Betriebsunterlagen aus der Zeit vor der Betriebsübergabe für ihn nicht nachzuvollziehen gewesen wäre. Dem Kl. obliegt es daher jetzt, dem Vorbringen der Bekl. seinerseits substanziiert zu entgegnen. Sein Vortrag reicht dafür bislang nicht aus. Unter Berücksichtigung, dass seine Auskunftspflichten aus § 2057 BGB oder zusätzlich aus § 242 BGB auch wertbildende Faktoren der Zuwendung erfassen können (vgl. Heldrich, in: MüKo-BGB, a. a. O., § 2057 Rn. 6 m. w. N. in Fn. 11), geht zu seinen Lasten, wenn er sich nicht in der Lage sieht, so konkret und zusammenhängend vorzutragen, dass daraus ggf. unter sachverständiger Beratung und durch Vernehmung von Zeugen zu einzelnen streitigen Punkten der Wert des Betriebs im Zeitpunkt der Übergabe erschlossen werden kann. Punktuelle und teilweise wenig plausible Angaben wie etwa zu einem Kapitalkonto, Geldzuflüssen aus Spielgewinnen oder sonstigen steuerlichen Aspekten genügen dafür nicht.

Schließlich können Pflichtteilsrestansprüche solange nicht zugesprochen werden, als Feststellungen zu der bislang offen gelassenen Frage fehlen, inwieweit die Bekl. zu 1 besondere Leistungen gemäß § 2057a BGB zur Ausgleichung bringen kann.

Freiburg, 14.01.2011

Rechtsanwalt Haberbosch

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