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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
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Zertifizierter Berater für Internationales Steuerrecht (DAA)

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Rechtsgebiete:

– Erbrecht
– Steuerrecht
– Steuerstrafrecht

Anfechtung Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht

Nach dem Erbfall kann ein Erbverzicht oder Pflichtteilsverzicht nicht mehr angefochten werden. Möglicherweise besteht aber ein Bereicherungsanspruch gegen die Erben auf Grund einer erfolgten arglistigen Täuschung vor Erklärung des Erb- oder Pflichtteilsverzichts.

OLG Koblenz, Beschluß vom 4. 3. 1993 – 6 W 99/93

BGB §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1, 812, 2346

Die Antragstellerin ficht einen gegenüber ihrem Vater erklärten Erb- und Pflichtteilsverzicht nach dessen Tod wegen arglistiger Täuschung an und begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages, hilfsweise auf Zahlung von 100 000,- DM, dem angeblichen Wert ihres gesetzlichen Erbteils.


Die Wahrheit des Vorbringens der Klägerin unterstellt, wäre die Antragstellerin grundsätzlich berechtigt, den “Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag” wegen arglistiger Täuschung anzufechten (§ 123 Abs. 1 BGB). Ihr Vater hätte sie arglistig über die Unentgeltlichkeit ihres Erb- und Pflichtteilsverzichts getäuscht und dadurch zur Erklärung des Verzichts bewegt. Die Anfechtungsfrist wäre noch nicht verstrichen, weil die Antragstellerin erst im April 1992 die Täuschung erkannt hätte (§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB).


Die Anfechtung hätte zu Lebzeiten des Erblassers zur Rückabwicklung des dem Erbverzicht, dem abstrakten Verfügungsgeschäft, zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrages führen können (§§ 142 Abs. 1, 812 BGB). Nach dem Eintritt des Erbfalls ist dies nicht mehr möglich. Der Erbverzicht kann nicht mehr nach § 2351 BGB aufgehoben werden. Die mit dem Erbfall eingetretenen erbrechtlichen Folgen, die auch die Interessen Dritter, der Nachlaßgläubiger nämlich, berühren, lassen sich nicht nach Bereicherungsrecht beseitigen (BGB-RGRK/Johannsen, 12. Aufl., 1975, § 2346 Rdn. 3 und 6; MünchKommBGB/Strobel, 2. Aufl., 1989, § 2346 Rdn. 23f.; vgl. auch BGHZ 37, 319/3291: Eintritt der Unmöglichkeit einer Verpflichtung zum Abschluß eines Erbverzichtsvertrages nach dem Tode des Erblassers; differenzierend Staudinger/Ferid/Cieslar, BGB, 12. Aufl.; 1983, Einl. zu §§ 2346ff. . Rdn. 90-92). Die Anfechtung kann deswegen den Erbverzicht nicht rückwirkend beseitigen. Die Antragstellerin kann nicht, wie mit dem Hauptantrag der Klage beabsichtigt, auf Feststellung der Nichtigkeit des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages klagen. Insoweit bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO).


Anders ist dagegen der in dem Klageentwurf angekündigte Hilfsantrag auf Zahlung von 100 000,- DM nebst Zinsen zu beurteilen. Die Antragstellerin kann zwar ungeachtet der arglistigen Täuschung den Erbverzicht nicht rückgängig machen. Ihr steht aber ein schuldrechtlicher Anspruch auf Wertersatz zu, den sie als Nachlaßverbindlichkeit geltend machen kann (vgl. Johannsen, aaO; Strobel, aaO, Fußn. 62, unter Hinw. auf Damrau, Der Erbverzicht als Mittel zweckmäßiger Vorsorge für den Todesfall, 1966, 127).

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Freiburg, 31.01.2011

Rechtsanwalt Haberbosch