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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Zertifizierter Berater für Internationales Steuerrecht (DAA)

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79102 Freiburg
Tel 0761 / 29 67 88-0
Fax 0761 / 29 67 88-10
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Rechtsgebiete:

– Erbrecht
– Steuerrecht
– Steuerstrafrecht

Die Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig

Die Erbengemeinschaft ist anders als die GbR oder die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht auf Dauer sondern auf Auseinandersetzung gerichtet. Sie hat keine Organe, die sie im Rechtsverkehr vertreten könnte, so dass keine Rechtsfähigkeit besteht. Passiv oder aktiv legitimiert sind im Prozess daher die einzelnen Erben, hat einer davon seinen Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist für Berufungen gegen Entscheidungen des Amtsgerichts nicht das Land- sondern das Oberlandesgericht zuständig.

BGH, Beschluß vom 17. 10. 2006 – VIII ZB 94/05

BGB § 2032

I. Die Kläger verlangen von den Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung für eine Wohnung. Den Mietvertrag haben die Kläger, die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind, auf den Namen „F. S.’s Erben” geschlossen. Im Zeitpunkt der Klagezustellung hatte die Klägerin zu 5) ihren Wohnsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika. Das AG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dagegen haben die Beklagten Berufung zum LG eingelegt. Das LG hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen. Hiergegen wenden die Beklagten sich mit der Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässig, weil sich die Frage stellt, ob die Erbengemeinschaft in entsprechender Anwendung der Grundsätze zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGHZ 163, 1542) als rechtsfähig und damit parteifähig anzusehen ist. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das BerufungsG die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil für die Entscheidung über das Rechtsmittel nicht das LG, sondern das OLG zuständig ist. Die Oberlandesgerichte sind nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde

gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte. Diese Voraussetzungen für die Berufungszuständigkeit des OLG sind hier erfüllt.

Die Klägerin zu 5) hatte im Zeitpunkt der Zustellung der vor dem AG erhobenen Klage ihren Wohnsitz und damit gemäß § 13 ZPO ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland. Die Klägerin zu 5) ist – wie das BerufungsG im Ergebnis zutreffend angenommen hat – auch Partei. (…)

Der BGH hat bereits entschieden (Urt. v. 11. 9. 2002 – XII ZR 187/00, NJW 2002, 3389 unter II 1; Beschl. v. 16. 3. 2004 – VIII ZB 114/03, NJW-RR 2004, 1006 unter 3a), dass die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft sich nicht aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGHZ 146, 3411) herleiten lässt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind auch die Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (BGHZ 163, 1542) nicht auf die Erbengemeinschaft zu übertragen. Die Rechtsstellung der Erbengemeinschaft ist nicht mit der Rechtsstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft vergleichbar. Insbesondere ist sie – anders als diese – nicht zur dauerhaften Teilnahme am Rechtsverkehr bestimmt oder geeignet. Sie ist nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet. Sie verfügt nicht über eigene Organe, durch die sie im Rechtsverkehr handeln könnte. Die Erbengemeinschaft ist daher kein eigenständiges, handlungsfähiges Rechtssubjekt, sondern lediglich eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit, der mit dem Nachlass ein Sondervermögen zugeordnet ist (vgl. BGH, Urt. v. 11. 9. 2002, aaO, m.w.Nachw. auch zur Gegenansicht). Im Streitfall sind daher die einzelnen Erben, darunter die Klägerin zu 5), als Kläger anzusehen. (…)